Fremdbetreuung Kinder Frankreich/Deutschland

Man hört ja oft, dass Frankreich Deutschland in Sachen Fremdbetreuung weit voraus ist. Das Mütter schneller und einfacher in den Job zurückkommen und überhaupt, dass die Franzosen den Deutschen in Sachen Kinder weit voraus sind.
Deshalb machen die Franzosen ja dann wohl auch deutlich mehr Kinder. Ooooder?

Ich lebe jetzt schon eine ganze Weile zwischen diesen 2 Kulturen und unterschiedlichen Systemen, und ja, es stimmt.

Die französischen Mütter arbeiten eigentlich (fast) ausnahmslos alle.

Und ich gebe es zu, manchmal bin ich schon ein bisschen neidisch. Denn im Leben französischer Mütter scheint sich (gefühlt) viel weniger geändert zu haben als im Leben der meisten deutschen Mütter. Manchmal, wenn ich die französischen Mütter seh, die ihre Kinder morgens im Businessoutfit in die Creche bringen, perfekt gestylt, das Telefon am Ohr und scheinbar längst wieder im alten Leben angekommen, ja, dann will ich manchmal einen kurzen Moment mit ihnen tauschen. Weil ihr Alltag nicht (vor allem) aus Trotzanfälle, Phasen und Kinderthemen besteht. Und ja, manchmal frage ich mich auch wie sie dass machen, mit dem Vollzeitjob, dem Haushalt, der ja auch irgendwann gemacht werden muss, und dem Kind, dass zumindest Abends, Nachts und am Wochenende zu hause ist.

(Die meisten) französischen Kinder verbringen ihre Tage ab einem Alter von 3 Monaten (oft) ganztägig in der Creche. Manchmal mit einer Eingewöhnung von nur 1 Woche, weil für mehr einfach nicht die Zeit ist. Ganztägig heisst aber nicht von 8-16 Uhr, sondern oft auch von 7:30 bis 18 Uhr oder 18:30. Wenn Kinder krank sind, sind sie trotzdem (oft) in der Creche, einfach weil Ärzte nur sehr ungern krankschreiben. So funktioniert das System nämlich nicht. Für die HFM_Krankheit, Bronchitis oder Mittelohrentzündung oder auch einer Kombination aus mehreren dieser Krankheiten gibt es bspw. keine Krankmeldung, egal wie fertig das Kind ist oder ob es andere anstecken wird. Medikamente werden einfach mit in die Krippe gebracht.

In der französischen Sprache gibt es das Wort „Rabenmutter“ nicht. Keiner wird einer Frau Vorwürfe machen, weil sie ihr Kind ganztägig abgibt und Karriere macht. Keiner spricht darüber, ob es für so kleine Kinder „gut“ ist, so dermassen viel fremdbetreut zu sein, oder ob es (manche) Mütter nicht mehr stresst als dass es ihnen guttut so schnell wieder zurück in den Job zu kommen. So funktioniert eben einfach die Kultur und das System. Eine Frau, die längere Zeit zu Hause bleibt, wird als „nicht normal“ oder „faul“ angesehen. Klar gibt es Ausnahmen, und klar gibt es Mütter, die ihre Kinder länger zu Hause lassen, weil sie es sich leisten können und so wollen, aber im Grossen und Ganzen funktioniert so das System.

Vor kurzem stand ein noch sehr kleines Kind schreiend an der Eingangstür an der Krippe und weinte nach seiner Mutter, morgens um 8. Es tat mir echt leid. Am selben Abend kamen wir nochmal zufällig an der Krippe vorbei, nach 18 Uhr. Da holte der Vater dieses Kind gerade ab.

Und das sind dann wieder die Momente in denen ich kein bisschen mehr neidisch bin, denn das würde ich weder für mich und vor allem nicht für mein Kind wollen. Weil ich einfach finde, dass so kleine Kinder für so viele Stunden am Tag eigentlich nichts in einer Krippe zu suchen haben. Ganz unabhängig davon, wie gut die Krippe ist. Und ich für mich auch noch was von meinem Kind haben will.

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13 Kommentare

  1. Drei Monate finde ich schon recht heftig. Auf Island werden die Kinder auch recht zeitig fremd betreut (zuerst von einer Tagesmutter nach einem halben/dreiviertel Jahr, ab 18 Monate im Kindergarten). Also ich finde eine Betreuung ab einem Jahr ok.

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  2. Früher, kinderlos, hätte ich das normal gefunden. Kinder, Krippe, Arbeiten. Komme aus der DDR, da war das eben so. Inzwischen, selbst Mutter, sehe ich die so arg frühe Fremdbetreuung kritischer, nochzumal in einer eher großen anonymen Einrichtung (schon allein das Wort löst bei mir Schaudern aus). Aber das ist ein weites weites weites Feld mit vielen Facetten und für einen kurzen Kommentar nicht geeignet.

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    1. Und heutzutage gibt es ja auch nicht nur „die Kindereinrichtung“, es gibt Tagesmütter (bin allerdings nie ein Fan davon gewesen), kleine und größere Kindertagesstätten, öffentliche wie private, manche auch von Eltern gegründet. Das finde ich gut in Deutschland, dass es ganz verschiedene Formen gibt. In Island z. B. gibt es bis 18 Monate nur die Möglichkeit eine teure Tagesmutter zu nehmen. Ich bin froh, dass ich das nicht in Anspruch nehmen musste. Ich bin auch ein DDR-KInd und finde eine frühe Betreuung völlig ok, aber nicht in Ordnung ist es natürlich, die Kinder krank in die Kita zu bringen.

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      1. Ja, das ist allerdings wahr! Glücklich kann sich schätzen, wer als Mutter oder Vater einen toleranten Arbeitgeber hat, der die Ausfallzeiten toleriert, obwohl man sich das auch leisten können muss. Die 10 Tage, die Eltern je Kind und Elternpaar an „Kinderkrankengeld“ pro Jahr zustehen, die Zahl der Infekte der Kinder um ein wesentliches übersteigen. Einen lieben Gruß nach Frankreich und nach Irland!

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      2. Das finde ich auch nicht ok. Tlw. Haben hier die Eltern aber gar nicht die Wahl, weil sie sonst irgendwann ihren Job los wären und darauf angewiesen sind.😐
        Allerdings gibt’s auch Eltern die beide lieber vollzeit arbeiten und ihr Kind obwohl finanziell gar nicht nötig 10 h am tag in die Creche stecken. Oder die um 15 uhr aufhören und die Kinder trotzdem erst um 18 uhr holen. Das finde ich schlimm. Wofür hat man dann überhaupt Kinder? Da denk ich mir wenn möglich würden die die gleich noch übernachten lassen und samstags bringen🤔

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    2. Ja, hier ist es auch einfach so.
      Früher hätte ich mir wahrscheinlich auch weniger gedacht, aber wenn man dann selbst Mutter ist sieht man manches anders.
      Aber wie du schon schreibst, es ist ein weites Feld und tlw. Kommt es auch einfach aufs Kind an. Viele grüße🤗

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  3. Stimmt. Es kommt schon auch sehr auf den Arbeitgeber und die persönlichen Umstände an. Hat man grosseltern ums eck die gern einspringen plus einen toleranten Arbeitgeber und steht finanziell einigermaßen gut da ist das was anderes als zb alleinerziehend keine Verwandtschaft doofer Chef und wenig Geld.
    Liebe grüsse

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  4. Mein kind ist mit einem jahr in d Krippe gekommen. Ich beneide das Konzept der Franzosen. Allein d die kinder auch wenn sie krank sind in d kita dürfen und dort betreut werden finde ich in Ordnung. Die haben Krankenschwestern. 10 krankentage in Deutschland sind ein witz. Ständig dieser panische Blick auf die kitatafel was nun wieder grasiert. Der kampf mit d arbeitgeber. Wir haben so einen hohen Anspruch an d mütter das viele daran kaputt gehen. Hat ja nicht jeder Großeltern die einspringen können. Die Franzosen müssen sich selbst u ihr leben nicht aufgeben, wir ja und nur weil sich d Staat nicht kümmert u letztendlich d mutter mit allem allein ansitzt. Spätestens wenn d kinder selbstständig sind u man sich nicht mehr so zusammenreißen muss kommen d Depressionen durch. Ich habe einen riesigen Respekt vor deren erziehern. Was die leisten ist Wahnsinn. Und d Geburtenrate gibt ihnen recht. Sie scheinen ihre Arbeit gut zu machen. Bei uns ist so eine Betreuung kaum vorstellbar. Höchstens noch v ein paar alten DDR Erziehern. Viele Grüße an Frankreich.

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    1. J, du hast Recht. In Deutschland läuft vieles echt sehr verkehrt, und dass letztendlich hauptsächlich auf Kosten der Mütter und dadurch dann auch Kosten der Restfamilie.
      Vieles müsste sich ändern.
      Von dem Aspekt her haben es französische Familien deutlich leichter.
      Aber trotzdem ist in Frankreich auch nicht alles super. Viele Mütter hätten gerne mehr Zeit für und mit ihren Kindern, aber es gibt in diesem Sinne kein Elterngeld. Für Kinder ist es auch nicht unbedingt toll mit 3 Monaten schon ganztags betreut zu werden teilweise und Kinder die krank sind gehören halt trotzdem einfach in ihr eigenes Bett. Denn in den allermeisten Krippen laufen die Kinder halt dann einfach trotzdem mit, Krankenlager gibt es nicht. Und auf den Eltern lastet ein immenser Druck, weil Kinderärzte ungern Atteste ausstellen teilweise wegen den Arbeitgebern. ausserdem stecken sich die anderen Kinder ja dann auch ständig an, und letztens wurde in Minis Krippe ein Kind abgegeben, dass seit 24 h nichts mehr bei sich behalten hat und auch noch im Schlafanzug gebracht wurde, weil es sich bei zu viel Bewegung gleich wieder übergeben hätte. Kann auch nicht gut sein:-/ alles nicht leicht.
      Liebe Grüsse

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      1. Oh, das klingt ja echt nicht gut mit dem kranken Kind. Kann verstehen, dass die Eltern, vor allem die Mütter unter Druck sind, aber wenn das Kind krank ist, dann gehört es auch für mich nicht in die Kita. Übrigens meinte meine Mutti mal, in der DDR gabs kein Geld, wenn das Kind krank war. Also auch früher war nicht alles perfekt…

        Ich denke, wichtig ist es, dass vor allem die Arbeitgeber einsehen, dass gerade kleine Kinder öfters mal krank werden und dass der Arbeitnehmer deswegen häufiger ausfallen kann. Vielleicht könnte man über die 10 Tage hinaus eine betriebliche Regelungen treffen. Eltern mit kleinen Kindern sind dann evtl. etwas weniger „leistungsfähig“, wenn die Kinder größer sind, dann aber wieder mehr. Ich bin gar nicht unbedingt für immer mehr Geld für Familien, sondern dass sich das Verständnis für Familien und deren Bedürfnisse ändert.

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      2. Ja, dass stimmt früher war sicher auch nicht alles perfekt.
        ich sehe es genauso wie du. genau so müsste es sein, die Arbeitgeber müssten einfach mehr Verständnis haben.
        leider schaut es aber so gar nicht danach aus. ich erlebe immer mal wieder mit, dass Mütter erst gar nicht eingestellt, bzw. letztendlich weggemobbt werden.
        Und auf der anderen Seite ist das Geschrei dann wieder gross, dass die Gesellschaft immer älter wird und nicht genug Kinder nachkommen. woran s denn wohl liegt?! mann mann einfach nur dämlich.

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